Samstag, 27. März 2010

Plötzlich bin ich sehend

In an odd twist... ah, nein, es ist bloß ein eigenartiges Detail in meiner Geschichte. Es Schicksal zu nennen wäre melodramatisch. Und es ist wohl tatsächlich nur Zufall, dass ich ein Jahr danach wieder zum Flughafen unterwegs war. Diesmal, um eine Freundin zum Abflug zu begleiten. Ein Jahr danach - oder ein Jahr minus einen Tag, je nach Sichtweise. Die Augen gingen mir erst auf der Rückfahrt auf, nach Frühstück auf Barhockern, Abschied am Sicherheitscheck und Herumstreunen und Lesen im Presseladen.

Es lag ohnehin ein seltsamer Vorhang über meiner Existenz. Dann in der S-Bahn ohne meine Freundin, war die Pause meiner dahinmahlenden Daseinsveränderung vorbei. Netterweise schien die Sonne immer wieder zwischen Wolken hervor - auch wie vor einem Jahr - und ich konnte mich in einer hermetisch versiegelten Blase wähnen, in der meine Sitznachbarn nicht existierten und meine Gedanken nicht gut sichtbar in der Luft hingen.

Daglfing. Weil sie zufällig vor meinem Auge zu stehen kam, nahm ich die Werbetafel am Bahnhof war. Jemand - ein Kaufmann? hab's vergessen - bot seine Dienstleistungen an. Er hieß Kuschel. Was für ein schöner Name! Daneben eine Ärztin namens Liebig. Auch nett! Ich will jetzt nicht mehr nur das sein, was mein Name aussagt. Es ist zwar ein schöner Name, und schon öfters hat man mir gesagt, ich sei das, was er heiße. Doch als alleinige Lebensaufgabe oder Funktion ist das etwas dürftig. Man kommt dabei selbst recht wenig zum Zug. Seine eigene Vision kann man nicht verwirklichen.

Obwohl's Zufall war, dass meine Freundin genau heute auf Urlaub geflogen ist, fand ich die Symbolik gut. Ich fuhr vom Flughafen zurück und kann nun weitergehen. Die Zeit zwischen den Fahrten ist vorbei. Ich werde ewig dankbar sein, aber sie ist vorbei. Ich werde auch ewig eine Glut im Herzen haben, aber die Zeit ist vorbei. Viktor Frankl hat so tröstlich gesagt: "Im Vergangensein ist nichts unwiederbringlich verloren, vielmehr alles unverlierbar geborgen."

Ich bin eine Sehende; und man sieht bekanntlich nicht nur mit den Augen. "Es ist, was es ist" - sagt Erich Fried in seinem Gedicht. Doch nicht nur die Liebe sagt das, immer wieder sollte man sich selbst diese Sichtweise erlauben. Sie ist der einzige Weg, weiterzugehen.

So lange habe ich nach etwas gesucht. Gefunden habe ich gerade das nie. Zuletzt sah es nach einem sonnigen Tag aus. Doch wenn sie scheint, die Sonne, und um neun Uhr früh Wolken aufziehen, die bis Sonnenuntergang nicht vergehen, dann war es wohl doch ein bewölkter Tag. Daran ändert auch die Frage "Warum war es ein bewölkter Tag?" nichts.

"A little bit of heaven
But a little bit of hell"
(Mika)

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